Energiegespräch zur Nachhaltigkeit in Jugendbildungsstätte

Prof. Markus Große Ophoff von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt ließ an der Dringlichkeit nachhaltig zu werden, beim Energiegespräch in der Jugendbildungsstätte, keinen Zweifel. Foto: Harald Westbeld

„Nachhaltigkeit“ war der Begriff, der beim Energiegespräch am Montagabend in der Jugendbildungsstätte in Westladbergen die beiden Themenblöcke zusammenband.

 

Der Um- und Erweiterungsbau der Bildungseinrichtung, der vor Ort im ersten Teil vorgestellt wurde, ist ganz darauf ausgerichtet und soll als Modellprojekt in die Region ausstrahlen. Denn für deren Leiter Johannes Dierker ist klar: „Die Energiewende beginnt in den Köpfen“.

Noch weiter über Energie und Klima hinaus spannte Prof. Markus Große Ophoff, Leiter des Zentrums für Umweltkommunikation der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), einen globalen Bogen, um die Notwendigkeit nachhaltig aufzuzeigen. Dabei gebe es viele Lösungsansätze. „Wir haben das Wissen, sinnvoll und aktiv“ zu handeln, erklärte Große Ophoff. Statt nach Risiken zu suchen und an Vergangenem festzuhalten, was gerade in Deutschland beliebt sei, müsse es darum gehen, „Chancen zu sehen und Zukunft zu gestalten.“

 

Einen ausgeklügelten Lösungsansatz zeigt die Jugendbildungsstätte. Für deren Leiter ist es selbstverständlich, „dass man nachhaltig bauen muss, wenn man in der Klimakommune verortet ist“, sagte Dierker. Das Ziel, CO2-neutral zu werden, sei bislang technisch nicht möglich gewesen und die Emissionen deshalb durch eine Abgabe ausgeglichen worden.

 

Welche anderen Möglichkeiten die zur Zeit etwas chaotisch erscheinende Baustelle bietet, erläuterte Architekt Karl-Heinz Dörenkämper. Durch Nutzung der vorhandenen Bausubstanz werde zum Beispiel die Flächenversiegelung minimiert. Für das Obergeschoss und den Anbau wird bis auf die Fensterrahmen nur heimisches Holz verwendet.

Geheizt wird künftig mit einer Wärmepumpe, die in Spitzenzeiten von einer Pelletheizung unterstützt wird. Den übers Jahr benötigten Strom soll eine Fotovoltaik-Anlage auf dem Flachdach liefern. Wie sehr die technischen Möglichkeiten zur Energieeinsparung im Detail ausgereizt werden, zeigte Tobias Tarner auf. Um immer genügend, aber nicht zu viel zu lüften, wird über eine CO2-Messung im Raum Belegung und Menge der Personen im Raum ermittelt.

 

In seinem Vortrag über „Klimaziele erreichen und Energiewende umsetzen — Der Blick auf das große Ganze“ ließ Markus Große Ophoff keinen Zweifel daran, wie notwendig solche Projekte sind. Seit den 50er Jahren explodierten Energieverbrauch und Bevölkerungsentwicklung ebenso wie das Artensterben und viele weitere Bereiche mit Einfluss auf das Klima und die Bewohnbarkeit des Planeten.

In sechs von neun Bereichen sei die Belastbarkeit des Planeten überschritten, beim Verlust der Biodiversität noch stärker als beim Klimawandel. Wenn das CO2, das in der Heizung verbraucht werde, nicht durch den Schornstein ginge, „sondern wir einen Lkw voll pro Jahr wegschaufeln müssten, hätten wir das Problem längst gelöst“, sagte Große Ophoff. Der Gehalt an CO2 in der Atmosphäre lasse sich 800.000 Jahre zurückverfolgen. In dieser Zeit sei er nie so hoch wie derzeit gewesen.

Schmelze das Meereis der Arktis ab, seien 20 bis 25 Prozent des Amazonas-Urwalds abgeholzt und tauten ab einer Erwärmung von 3 Grad die Permafrostböden auf, komme eine „Kaskade in Gang, die weder aufzuhalten noch rückgängig zu machen ist“, warnte der Umweltwissenschaftler.

Das im Paris-Abkommen definierte Ziel von maximal 1,5 Grad weltweit werde voraussichtlich in diesem Jahr überschritten. Das sei aber kein Grund, „in Fatalismus zu verfallen“, so Große Ophoff. Es gebe „ganz viele kleine Lösungen“ wie eben die Sanierung von Altbauten statt neu zu bauen, sogenannte Schwammstädte zu entwickeln, Wärmepumpen statt Öl- und Gasheizungen, Begrünung statt Schottergärten oder Moore neu vernässen, nannte Große Ophoff einige Beispiele. Sorgen mache er sich allerdings um die Diskussionskultur im Land, die gute Ansätze verhindere oder verzögere.

 

Auch das letzte Energiegespräch in diesem Jahr wurde gemeinsam vom Förderverein der Klimakommune und der Jungen Gemeinschaft, dem Familienverband des Bistums Münster, organisiert. Die Jugendbildungsstätte schuf für die rund 50 Teilnehmenden mit Getränken und Baguette einen netten Rahmen für das an sich schwerwiegende Thema.

 

Erschienen am 29. November 2023 in den Westfälischen Nachrichten  

Von Harald Westbeld